Bei der Therapie von Leukämie macht es einen Unterscheid, ob eine akute oder eine chronische Form der Leukämie vorliegt. Die akuten Formen der Leukämie sollten sofort therapiert werden, weil bei den Patienten in kurzer Zeit schwere Symptome auftreten können. Wenn der Betroffene eine chronische Leukämie hat, wird die Behandlung meist abhängig von seinem gesundheitlichen Zustand vorgenommen. Auch hier kommt in der Regel eine Chemotherapie zu Einsatz. Wenn ein hohes Risiko für einen Rückfall besteht, kann eine Stammzelltransplantation infrage kommen.
Die Chemotherapie wird sowohl bei chronischen als auch bei akuten Formen der Leukämie angewandt. Sie soll die Zahl der Leukämiezellen reduzieren. Dabei kommen sogenannte Zytostatika zum Einsatz, die die Zellteilung hemmen.
Bei akuten Formen der Leukämie wir in der Regel eine intensive Form der Chemotherapie verabreicht, da sich die Erkrankung mit zum Teil starken Beschwerden bemerkbar macht und schnell gehandelt werden muss. Meist werden verschiedene Zytostatika miteinander kombiniert, um die größtmögliche Wirkung zu erzielen. Diese intensive Phase der Chemotherapie wird als Induktionschemotherapie bezeichnet. Ziel ist eine Remission. Das bedeutet, dass in Blut und Knochenmark keine nachweisbaren Leukämiezellen mehr vorhanden sind.
Bei der akuten lymphatischen Leukämie kann es unter Umständen auch zu einem Befall der Hirnhäute kommen. Daher wird zusätzlich das Zentralnervensystem behandelt, indem kleine Mengen der Chemotherapie in die Rückenmarksflüssigkeit verabreicht werden. Auch eine Bestrahlung des Kopfes ist möglich.
Daran schließt sich die Konsolidierungstherapie an, deren Ziel es ist, die Remission zu erhalten und möglicherweise unentdeckte Krebszellen zu zerstören. In der anschließenden Erhaltungsphase erfolgen regelmäßige Kontrolluntersuchungen.
Die Chemotherapie bei chronischen Verläufen erfolgt meist weniger aggressiv und über einen längeren Zeitraum. Da sich die Erkrankung in diesen Fall schleichend ausbreitet, bleibt für die Behandlung in der Regel mehr Zeit.
Eine medikamentöse Behandlung kommt nur bei der chronischen Form der Leukämie infrage. Bei der chronischen myeloischen Leukämie werden z. B. sogenannte Tyrosinkinasehemmer verabreicht. Sie gehören zu den zielgerichteten Therapien und sorgen für die Hemmung eines bestimmten Enzyms, dass nur von Leukämiezellen gebildet wird. Die Einnahme der Medikamente erfolgt in der Regel lebenslang.
Die chronische lymphatische Leukämie verursacht meist recht lange nur wenige oder gar keine Beschwerden, sodass man mit der Therapie meist erst beginnt, wenn sich das Blutbild verschlechtert oder eindeutige Symptome auftreten. In der Regel wird mit einer möglichst sanften Chemotherapie reagiert. Patienten, bei denen eine Chemotherapie nicht infrage kommt, können mit einem monoklonalen Antikörper behandelt werden.
Antikörper haben im Immunsystem die Aufgabe, sich auf Krankheitserreger oder kranke Zellen zu setzen und sie zu vernichten. Monoklonale Antikörper sind künstlich hergestellte Antikörper, die speziell für die Behandlung einer Krebserkrankung zusammengestellt werden. Sie reagieren auf ein bestimmtes Merkmal und zerstören Zellen, die diese Merkmale besitzen. Im Falle der Leukämie erkennt der monoklonale Antikörper Bestandteile, die nur auf der Oberfläche von Leukämiezellen sitzen. Ein Fortschreiten der Erkrankung kann auf diese Weise verhindert, eine Heilung allerdings nicht erzielt werden.
Eine Stammzelltransplantation wird bei einer akuten Leukämie meist erst dann vorgenommen, wenn die Behandlung nicht wie gewünscht anschlägt oder ein hohes Rückfallrisiko besteht. Dann wird eine starke Chemotherapie verabreicht und unter Umständen eine Ganzkörperbestrahlung. Dabei werden aber nicht nur die bösartigen Zellen, sondern auch die gesunden Knochenmark- und Blutzellen zerstört. Ohne eine Stammzelltransplantation würde der Patient nicht überleben: Die Immunabwehr käme zum Erliegen, ebenso die Blutgerinnung und die Sauerstoffversorgung des Organismus.
Daher werden dem Patienten von einem geeigneten Spender gesunde Blutstammzellen eingesetzt. Durch die neuen Blutstammzellen wird die gesunde Blutbildung wieder möglich. Die neuen, funktionsfähigen Blutstammzellen setzen sich in das leere Knochenmark und lassen dort reife und gesunde Blutzellen heranwachsen. In der Übergangsphase sind die Betroffenen sehr infektionsgefährdet und bedürfen einer besonderen Hygiene. Daher sollte man diese Therapie nur in einer geeigneten Spezialklinik vornehmen lassen.
Wenn es durch eine vorherige Therapie gelingt, die Krebszellen aus dem Knochenmark vorübergehend zu vernichten, kann der Patient sich seine Stammzellen unter Umständen selbst spenden. Allerdings wird der Nutzen der sogenannten autologen Transplantation von vielen Fachleuten noch in Zweifel gezogen. Man sollte diese Form der Behandlung daher nur im Rahmen klinischer Studien durchführen lassen. Zurzeit bekommen die meisten Patienten ihre Stammzellen von einem gesunden Verwandten oder auch einem fremden Spender. Im letzteren Fall spricht man von allogener Stammzelltransplantation. Die Stammzellen werden aus dem Knochenmarkt oder, was heute wesentlich häufiger der Fall ist, aus dem Blut entnommen.
Bei der chronischen myeloischen Leukämie kann durch eine Stammzelltransplantation unter Umständen eine Heilung erzielt werden. Die Behandlung ist aber mit Risiken verbunden und für die Patienten sehr belastend. Diese Form der Therapie kommt daher nicht für alle Patienten infrage.
Fedor Singer